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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 01.08.2001
Aktenzeichen: 15 WF 165/01
Rechtsgebiete: BRAGO
Vorschriften:
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1 |
15 WF 165/01
Beschluss
In der Familiensache
hat der 5. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht , die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht am 01. August 2001 beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 21. Juni 2001 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen - teilweise abgeändert und die Kostenfestsetzung wie folgt vorgenommen:
Die dem Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren (§ 123 BRAGO) und Auslagen werden festgesetzt auf 788,80 DM.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
Im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens ist dem Beklagten mit Bewilligung von Prozesskostenhilfe Rechtsanwalt zu den Sätzen eines Anwaltes beigeordnet worden. Die Prozesskostenhilfebewilligung ist für einen im Sitzungstermin am 31. Oktober 2000 zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich erweitert worden.
Zu dem Verhandlungstermin am 31. Oktober 2000 erschien der Beklagte ohne Rechtsanwalt. Ausweislich des Sitzungsprotokolls wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Auf Vorschlag des Gerichts schlossen die Parteien dann einen Vergleich. Im Protokoll heißt es dann wie folgt: "Dem Beklagten wurde vor Abschluss des Vergleichs Gelegenheit gegeben, telefonisch mit seinem Rechtsanwalt den Inhalt des Vergleiches und die Höhe der Beträge abzusprechen. Der Vorsitzende hat ebenfalls mit Beklagtenvertreter die Sach- und Rechtslage erörtert." Anschließend wurde im Protokoll die Prozesskostenhilfebewilligung für den Beklagten auf den abgeschlossenen Vergleich ausgeweitet.
Mit seinem Kostenfestsetzungsantrag hat der Beklagtenvertreter Gebühren in Höhe von insgesamt 1.160,00 DM für eine Prozessgebühr, Verhandlungsgebühr und Vergleichsgebühr nebst Auslagenpauschale und MwSt. nach einem vom Amtsgericht festgesetzten Gegenstandswert von 4.176,00 DM geltend gemacht. Im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Vergütung unter Berücksichtigung einer Prozessgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO, der Auslagenpauschale und der MwSt. auf insgesamt 417,60 DM festgesetzt. Hiergegen hat der Beklagtenvertreter Erinnerung eingelegt, über die der Richter mit Beschluss vom 18.06.2001 abschlägig entschieden hat. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagtenvertreters und Beschwerdeführers dahingehend, dass er geltend macht, es sei telefonisch zwischen dem Beklagten und ihm die Sach- und Rechtslage wie auch mit dem Vorsitzenden erörtert worden. Vor dem Verhandlungstermin sei zwischen ihm und dem Mandanten vereinbart worden, dass dieser einen etwaigen Vergleichsvorschlag des Gerichts nur auf Widerruf annehmen solle. Ohne die telefonische Erörterung der Sach- und Rechtslage und des Vergleichsvorschlags des Gerichts wäre der Vergleich in der mündlichen Verhandlung nicht zustande gekommen. Eine Verhandlung könne auch fernmündlich erfolgen.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist gemäß § 128 Abs. 4 BRAGO zulässig, insbesondere ist der Beschwerdegegenstand von mehr als 100,00 DM gegeben, und teilweise begründet.
Auf Grund der schriftsätzlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich die Vergütung einer Prozessgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO. Daneben steht dem Beschwerdeführer aber nur eine Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO zu. Weder eine Verhandlungs- noch eine Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 oder § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO ist entstanden. Für eine Verhandlungsgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO ist erforderlich, dass der Rechtsanwalt mündlich verhandelt. Das Tatbestandsmerkmal des mündlichen Verhandelns in § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO ist nicht gleichzusetzen mit dem Mitwirken bei mündlichen Verhandlungen im Sinne von § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO. Im Sinne von § 31 BRAGO stellt ein Verhandeln den Vorgang dar, bei dem die Parteien eines Rechtsstreits vor dem Richter den Rechtsstreit mündlich von entgegengesetztem Standpunkt aus erörtern und jede Partei diejenigen tatsächlichen Umstände, rechtlichen Ausführungen und Anträge vorbringt, die bewirken sollen, dass der Richter die ihren Absichten entsprechende Entscheidung trifft. Mit der Verhandlungsgebühr werden die über den allgemeinen Geschäftsbetrieb des Rechtsanwalts hinausgehenden besonderen Tätigkeiten in der mündlichen Verhandlung abgegolten. Voraussetzung für die Verhandlungsgebühr ist damit die Stellung von Sachanträgen für die richterliche Entscheidung im Rahmen eines dafür anberaumten mündlichen Verhandlungstermins. Im vorliegenden Fall kommt eine Verhandlungsgebühr schon deshalb nicht in Betracht, weil Sachanträge im Verlauf des ganzen Termins von keiner Seite gestellt wurden.
Durch die fernmündliche Absprache des Beschwerdeführers mit seinem Mandanten und die Besprechung mit dem Vorsitzenden des Gerichts ist ebenfalls keine Erörterungsgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO erwachsen. Die Erörterungsgebühr ist mit dem Ziel eingeführt worden, die bei einzelnen Gerichten herrschende Praxis, das Sach- und Streitverhältnis mit den Parteien und Rechtsanwälten vor der förmlichen Sachantragstellung umfangreich, aber damit vor dem Beginn der mündlichen Verhandlung, zu erörtern. Kommt es sodann zu einem Vergleichsschluss, wäre die Mühewaltung des Rechtsanwalts, die Sach- und Rechtslage im Rahmen der Verhandlung zu erörtern, vergütungsfrei. Die Vergütungsregelung der Rechtsanwälte erforderte insofern die Einführung einer Erörterungsgebühr, durch die allein ein finanzieller Ausgleich für die wegen unterbliebener Antragstellung im Gerichtstermin entgangene Verhandlungsgebühr gewährleistet werden soll, nicht dagegen soll durch die Erörterungsgebühr eine Verteuerung der anwaltlichen Vertretung eintreten (OLG Schleswig, SchlHA 1979, 231; JurBüro 1989, 1259; OLG München, MDR 1992, 1005). Eine Erörterung hat demzufolge im Rahmen eines Verhandlungstermins zwischen den Parteien des Rechtsstreits und dem Gericht zu erfolgen. Dabei muss der jeweils gegnerischen Partei des Rechtsstreits ermöglicht werden, die Erklärung des gegnerischen Rechtsanwalts unmittelbar wahrzunehmen, um sich mit dessen Vorbringen auseinandersetzen zu können. Im vorliegenden Fall waren diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Nach der Protokollierung des Sitzungsablaufes erhielt der Beklagte vor Abschluss des Vergleichs Gelegenheit, telefonisch mit dem Beschwerdeführer Rücksprache über den Inhalt des Vergleichs und die Höhe der Beträge zu nehmen. Dieser telefonische Besprechungsbereich war also weder für das Gericht noch den gegnerischen Rechtsanwalt wahrnehmbar. Nach der Protokollierung hatte weiter der Vorsitzende mit dem Beschwerdeführer die Sach- und Rechtslage erörtert. Ein dahingehendes einseitiges Gespräch des Gerichts mit dem Beschwerdeführer gab dem gegnerischen Rechtsanwalt ebenfalls nicht die Gelegenheit, die Ausführungen des Beschwerdeführers wahrzunehmen und nachzuvollziehen. Es ist aber herrschende Meinung, dass die einseitige Erörterung fernmündlich mit dem Gericht nicht ausreichend ist, um eine Erörterungsgebühr zu begründen (OLG Düsseldorf, MDR 1984, 949, OLG München, MDR 1992, 1005, VG Wiesbaden JurBüro 1999, 20). Aus dem Protokoll ist ferner nicht ersichtlich, dass der gegnerische Rechtsanwalt über den Inhalt des Gesprächs zwischen dem Vorsitzenden und dem Beschwerdeführer informiert wurde. Aber selbst eine solche Information würde eine Erörterungsgebühr nicht begründen (OLG München a.a.O.).
Ebenso sind die Voraussetzungen, unter denen bei einer Telefonkonferenz zwischen allen Verfahrensbeteiligten und dem Gericht das Verwaltungsgericht Wiesbaden (JurBüro 1999, 20) eine Erörterungsgebühr angenommen hat, nicht gegeben.
Die Beschwerde ist allein hinsichtlich einer Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO begründet. Aus dem Protokoll über die Verhandlung am 31. Oktober 2000 ergibt sich für den Senat, dass ohne die Mitwirkung des Beschwerdeführers der Vergleich in der abgeschlossenen Form nicht im Verhandlungstermin zustande gekommen wäre. Anders ist nicht erklärlich, dass der Beklagte vor Abschluss des Vergleichs telefonisch Rücksprache mit dem Beschwerdeführer nahm und auch der Vorsitzende des Gerichts Veranlassung sah, mit dem Beschwerdeführer die Sach- und Rechtslage zu besprechen. Damit ist eine hinreichende Mitwirkung des Beschwerdeführers am Zustandekommen des Vergleichs der Parteien im Sinne von § 23 BRAGO als Ursache für den Vergleichsabschluss gegeben.
Nach dem vom Amtsgericht - Familiengericht - festgesetzten Gegenstandswert von 4.176,00 DM ergibt sich eine Prozessgebühr von 320,00 DM, eine Vergleichsgebühr von 320,00 DM, eine Pauschale nach § 26 BRAGO von 40,00 DM, zusammen 680,00 DM. 16 % MwSt. gemäß § 25 Abs. 2 BRAGO bemessen sich auf 108,80 DM, so dass die Vergütung des Beschwerdeführers insgesamt auf 788,80 DM festzusetzen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 5 BRAGO.
Ende der Entscheidung
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